Kapazitäten und Nachfrage im Service ausbalancieren
Schwankende Nachfragen sind im Service-Bereich ein besonders großes Problem. Denn Sie können die zurückgehaltenen Kapazitäten nicht zu einem späteren Zeitpunkt verkaufen, wie das im Produktgeschäft möglich ist. Leerlauf ist Totzeit. Wie gehen wir damit um?
In Zeiten schlechter Nachfrage sitzt man auf seinen ungenutzten Kapazitäten und damit verbundenen Kosten fest und verschwendet dadurch Ressourcen. Wenn die Anfragen zu zahlreich eingehen, muss der eine oder andere auf später vertröstet werden, das Ertragspotenzial wird nicht gänzlich ausgeschöpft und manch ein Kunde reagiert ungehalten.
Dieses Problem ist jedem Service Manager in der Industrie bekannt und eine große Gefahr für die Profitabilität der eigenen Abteilung. Es gibt deshalb ein paar Ziele, die Sie abstecken sollten, um diese Situation bestmöglich zu vermeiden.
Kapazitäten auszudehnen ist nur begrenzt möglich
Der Begriff Kapazitäten oder Ressourcen im Service bezieht sich auf Gebäude, Ausrüstung, Arbeitskraft und Infrastruktur, die zur Erbringung Ihrer Dienstleistungen notwendig sind. Einige dieser Kapazitäten können Sie für kurze Zeit ausdehnen. Das ist in der Regel nicht die beste und vor allem nicht langfristigste Lösung, lässt sich bei Nachfragespitzen allerdings meist nicht vermeiden.
Mitarbeiter können Überstunden leisten, die benötigte Ausrüstung kann in einigen Fällen kurzfristig bis an die Überlastungsgrenze genutzt werden. Auf die Dauer führt das natürlich zu Verschleißerscheinungen bei Personal und Gerät. Deshalb ist es sinnvoll, sich über die Balance von Kapazität und Nachfrage im Vorfeld proaktiv Gedanken zu machen.
Kapazitäten flexibler gestalten
Um auf Belastungsspitzen und -flauten Ihrer Abteilung zu reagieren, verfügen Sie noch über zusätzliche Mittel. Downtime-Phasen und niedrige Auslastungen ihres Service-Bereichs können eingeplant werden. Das betrifft natürlich vor allem die Kapazität ihrer Techniker. Geeignete Anreize zu schaffen, um freie Tage rund um Zeiten niedriger Auslastung zu planen, ist aber noch nicht alles. Im Rahmen des Skill-Managements empfiehlt es sich, Personal so breit wie möglich aufzustellen. Denn je breiter die Fähigkeiten Ihrer Techniker gestreut sind, desto flexibler können sie eingesetzt werden.
Glücklich kann sich auch derjenige schätzen, der auf einen Pool von zubuchbaren Teilzeitarbeitskräften zurückgreifen kann, die bei Bedarf einspringen. Für einfache Tätigkeiten können dies unter anderem Leiharbeiter sein. Bei komplexeren technischen Aufgaben ist es sinnvoll, zum Beispiel mit ehemaligen Technikern zu arbeiten, die vielleicht bereits verrentet sind, und zu diesen einen guten Draht zu halten.
Zusätzlich können Sie auch versuchen, Kunden gezielt zur Nutzung von Self-Service-Angeboten zu animieren, wenn Sie gerade nicht persönlich für sie da sein können. Auch das kann einigen Druck nehmen und ermöglicht, sich auf andere Aufgaben zu konzentrieren.
Auch Zeit und Ort der Erbringung von Services können Sie bei Bedarf variieren. Manch eine Dienstleistung kann in Notfällen vielleicht remote statt vor Ort erbracht werden. Schulungen können beispielsweise auch mal online durchgeführt werden, um sich den Anfahrtsweg zu sparen.
Auftragsflauten können sinnvoll genutzt werden, indem man sich auf interne Angelegenheiten und ToDo`s fokussiert oder gezielt die Tasks abarbeitet, die schon länger in der Warteschlange stehen. Hier bieten sich Nachrüstungen und Fehlerbehebungen am bestehenden Maschinenpark an.
Muster in der Nachfrage erkennen
Um Kapazitäten langfristig zu planen ist es hingegen notwendig auf geeignete Daten zurückgreifen zu können. Oftmals schwankt die Nachfrage im Service zwar auch zufällig. Dennoch lassen sich durch die gezielte Erhebung und Auswertung von Interaktionsdaten Spitzen vorhersagen oder zumindest typische Verläufe aus historischen Daten ableiten. Wenn Sie wissen, dass bei Ihnen in der Zeit des Ramp-ups nach den Sommerferien typischerweise auch die meisten Reparaturanfragen eingehen, ist es weniger sinnig hier zusätzlich Wartungen einzuplanen. Dafür ist es jedoch wichtig, die erhobenen Daten so genau wie möglich nach unterschiedlichen Segmenten aufzuschlüsseln, um vorhandene Muster zu erkennen und sich nach ihnen richten zu können. Denn im Service ist häufig eine sehr starke Spezialisierung vonnöten und nicht jeder Techniker kann für alle Aufgaben eingesetzt werden.
Die Nachfrage steuern
Wenn Sie darauf warten, dass sich die Nachfrage von selbst einpendelt, hat das natürlich die beschriebenen Folgen: Eine schlechte Effizienz bei Flaute und eine Überbeanspruchung Ihres Teams in besseren Tagen. Das Resultat besteht dann meist auch aus unzufriedenen Kunden und Mitarbeitern. Haben wir also auch Möglichkeiten die Nachfrage selbst zu beeinflussen?
Zum einen kann hier auf Marketing-Elemente zurückgegriffen werden. Beispielsweise auf die Regulation klassischer Kommunikationsmaßnahmen in Bezug auf die erwartbaren Ups and Downs Ihres Geschäfts im Jahresverlauf. Ein ebenso einfacher Trick besteht darin, über das Pricing Einfluss zu nehmen. Höhere Preise bei voller Auslastung und andernfalls etwas niedriger anzusetzen, um Kaufanreize für Kunden zu schaffen. Das funktioniert jedoch nur schwer im Brot- und Buttergeschäft der Reparaturen, da die Kunden dies als willkürlich auffassen würden. Bei manchen Mehrwertdienstleistungen ist das dennoch ein probates Mittel.
Damit erschöpft sich Ihr Instrumentarium jedoch nicht. Gegebenenfalls können Sie hier auch Zusatzdienstleistungen an den Mann bringen und darauf abzielen, bestehende Aufträge in Ihrem Sinne etwas upzugraden.
Priorisierung der Kunden durch Service-Level
Wenn Kapazitäten knapp sind, sollten Sie darauf abzielen, wichtige Aufgaben zuerst zu erledigen. Dies beinhaltet unter anderem, dass Sie Aufträge nach Ihrer Dringlichkeit bewerten und die Kundenzufriedenheit im Auge behalten. Sie müssen sich aber auch darauf konzentrieren, die lukrativsten Aufgaben bevorzugt auszuführen, können aber eben nicht nur den finanziellen Aspekt bedenken. Auch die Tätigkeiten, die für die Kundezufriedenheit besonders wichtig sind, müssen berücksichtigt werden.
Des Weiteren ist die Kategorisierung von Kunden entscheidend. Ihre wichtigsten Kunden sollten eine bevorzugte Behandlung genießen. Die Einführung von Service-Levels ist ein entscheidender Weg dorthin. Wenn Sie ein Service-Level-System etablieren, können Sie gegenüber einem Kunden manchmal auch einfacher kommunizieren, warum er jetzt etwas länger warten muss, wenn das vertraglich vereinbarte Service Level nicht so hoch ist wie bei anderen Kunden und dieses Verhältnis dementsprechend entlohnt wurde.
Den Abschluss von Wartungs- und Serviceverträgen forcieren!
All die oben genannten Methoden sind hilfreich und größtenteils sehr naheliegend. Der größte Hebel um sein Business weniger volatil aufzustellen ist jedoch schlicht und einfach mehr Serviceverträge zu verkaufen und vermehrt Wartungsaufträge an Land zu ziehen. Je größer der Anteil an planbarem Geschäft ist, desto weniger kommen Sie in Bedrängnis in Bezug auf Ihre Kapazität. Hierunter fallen Inspektionen, Wartungen, Nachrüstungen, aber auch Installationen, da diese meist längeren Vorlauf haben.
Reparaturen fallen ihrem Naturell nach eben ad hoc an und sind in den seltensten Fällen planbar. Unter uns: Die meisten Unternehmen sind von einem wirklichen „Predictive“ in Ihren Maintenance-Anstrengungen noch sehr weit entfernt. Und solange das so ist, sorgen die Reparaturen für den Stress in der Service-Planung. Wartungsaufträge können zu einem gewissen Grad flexibel geplant werden und die meisten Kunden haben in der Regel auch kein Problem damit, wenn Sie einen Wartungsauftrag im Ausnahmefall einmal um 2 Wochen verschieben müssen.
Ein einfaches Rechenbeispiel:
Die täglichen Reparaturanfragen in Ihrer Serviceabteilungen schwanken zwischen 5 und 15 Technikerressourcen und im Mittel über das Jahr sind es 10 Technikerkapazitäten, die Sie benötigen. Sie fahren also ständig in Überlast oder Unterlast und müssen das durch massive Überstunden Auf- und Abbau-Szenarien, Terminverschiebungen oder andere Mittel abfangen.
Hätten Sie die Hälfte Ihrer Maschinen unter Serviceverträge, wäre das eventuell bereits eine Basisauslastung von 20 Technikern. Der Kapazitätsbedarf schwankt dann nicht mehr um +/- 50% um das jährliche Mittel, sondern nur noch um etwas mehr als +/- 16%. Das bedeutet erheblich weniger Stress für Ihre Mannschaft, eine bessere Planbarkeit, eine bessere Auslastung, eine höhere Kundenzufriedenheit und am Ende des Tages in den meisten Fällen eine erheblich gesteigerten Profitabilität.