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Wachsen ohne zu wachsen – Sie werden keine Außen­dienst­techniker mehr finden!

Wachsen ohne zu wachsen Beitragsbild

Viele Firmen beschließen besonders im Kontext des aktuell volatilen und schwierigen Marktumfelds besonders ambitionierte Wachstumsstragien für Ihren Service. Primäres Ziel ist es, die Schwächen des Primärproduktegeschäfts zu kompensieren. Da viele der identifizierten Hebel Dienstleistungscharakter haben, geht deren Realisierung oft mit einem geplanten Aufbau von Ressourcen einher. Vereinfacht gesagt: Die Stunden bringen das Geld!

Der allseits zunehmende Fachkräftemangel schlägt sich jedoch im Außendienst besonders stark durch. Viele Serviceorganisationen unterschätzen diesen Trend derzeit noch. Er beeinflusst aber massiv, wie Transformations- und Wachstumsprojekte im Kundendienst geplant und realisiert werden können.

Zugegeben: Der Titel des Beitrags ist etwas drastisch formuliert, um Ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Natürlich ist der Servicetechniker im Außendienst keine gänzlich vom Aussterben bedrohte Lebensform. Es wird auch in Zukunft noch Maschinenausfälle geben, die nur durch einen Einsatz beim Kunden behoben werden können. Und Sie werden hierfür auch Techniker finden. Eventuell aber nicht so viele, wie Sie gerne hätten.

Lieferengpässe und Personalmangel sind heute das Hauptproblem im Service

Es gibt vor allem zwei Probleme, die Serviceorganisationen derzeit zu schaffen machen. Das erste Problem sind die omnipräsenten Lieferengpässe. Die Lieferketten sind fragil aufgrund von Krieg und Pandemie. Wichtige Teile können oft nur mühsam beschafft werden. Dies gilt insbesondere für elektronische Bauteile. Diese werden in der Regel in Asien hergestellt, aber die politische Situation macht es schwierig, an sie heranzukommen. Oft muss entschieden werden, ob mit den Teilen eine neue Maschine gebaut oder eine bereits installierte repariert wird. Ein Konflikt, der in der jüngeren Vergangenheit nie so ausgeprägt war wie heute.

Das zweite Problem ist der Fachkräftemangel. Es ist überhaupt sehr schwierig, gute Techniker zu finden. Im Außendienst sind die Probleme sogar noch größer als im Innendienst. Das ist vor allem deshalb ein Problem, da ein Großteil der bezahlten Dienstleistungen, auf denen Wachstumspläne in der Regel basieren, im Außendienst erbracht werden. Gleichzeitig wollen heute viele Techniker nicht mehr im Außendienst arbeiten, aufgrund der hohen Belastung, die der Job mit sich bringt. Der Innendienst erscheint vielen das weitaus entspanntere Arbeitsfeld zu sein. Auch wenn es hier natürlich ebenfalls Schattenseiten gibt. Aber mittwochabends zum Fußballtraining, oder mit der Familie um 19 Uhr zu Abend essen, ist im Innendienst in der Regel kein Problem.

Der Beruf des Servicetechnikers ist mit sehr hohen Anforderungen und Belastungen verbunden.

Ein Servicetechniker im Außendienst ist in vielen Fällen ständig unterwegs und verbringt seine Nächte oft im Hotel, anstatt zu Hause bei der Familie. Größere Unternehmen mit vielen Maschinen im Feld, können die Zuständigkeiten ihres Personals natürlich auch stark regionalisierern, damit Techniker am Abend zu Hause sind. Das ist aber nicht in jedem Fall möglich.

Früher waren Montage- und Servicearbeit vor Ort auch sehr gut bezahlte Stellen in den Unternehmen. Diesen Attraktivitätsfaktor hat man aber in den allermeisten Firmen nicht zuletzt mit der Einführung von einheitlichen Entgeltklassen für technische Berufe in den letzten zwanzig Jahren sukzessive abgebaut. Heute verdienen Außendiensttechniker nur unwesentlich mehr als ihre Kollegen im Innendienst oder anderen technischen Berufe. Wenn man dann die zusätzlichen Belastungen und das Stresslevel mit in die Waagschale wirft, wurde die Arbeit im Feld deutlich abgewertet. Was nicht zuletzt auch ein Grund ist, dass es zunehmend schwierig wird, offene Stellen zu besetzen.

Viele Unternehmen schätzen die Lage falsch ein

Unternehmen designen dennoch oft Portfolios, um Ihre Wachstumsambitionen umzusetzen, die eben genau auf diese zunehmend rare Ressource des Außendiensttechnikers setzen. Sie denken schlicht überhaupt nicht darüber nach, ob sie überhaupt die notwendigen Ressourcen aufbauen können, um diese zu bedienen. Es gibt ja einen positiven Business Case und deswegen werden die Stellen auch genehmigt. Früher hat die Welt auch so funktioniert. Heute haben Sie aber eben das Problem, dass Ihnen eine offene Stelle häufig nicht hilft, da Sie diese nicht besetzen können.

Natürlich wollen wir den Service voranbringen und beispielsweise auch die Servicevertragsquote ausbauen. Das funktioniert aber in Zukunft vielleicht nicht immer so, wie Unternehmen sich das heute vorstellen und gestern gelebt haben.

Wir sind die allerletzten, die Ihnen vom Ausbau des Servicegeschäftes abraten werden, nur weil das Personal schwierig aufzutreiben ist. Es geht aber darum, die Probleme anzuerkennen und in die Überlegungen mit einzubeziehen. Auf diese Weise kann man einige Probleme umschiffen. Es kann nicht der Weisheits letzter Schluss sein, die Augen vor dieser Entwicklung zu verschließen. Wir müssen also smarte Problemlösungen entwickeln.

Wie sollten Unternehmen darauf reagieren

Ein wichtiges Ziel muss es sein, immer mehr Einsätze aus dem Außendienst in den Innendienst zu verschieben. Der Einsatz von Technologie kann Ihnen dabei helfen, den Remote Support verstärkt zu betonen. VR-Technologie und Smart Glasses geben beispielsweise die Möglichkeit, den Kunden aus der Ferne anzuleiten und spart Ihrem Techniker in manchen Fällen eine weite Reise. Dennoch sind diese Technologien heute noch nicht weit verbreitet.

Gleichzeitig müssen Außendiensteinsätze effizienter durchgeführt und standardisiert werden, damit überflüssige Einsätze sowie Nacharbeiten reduziert werden und sich die benötigte Bearbeitungszeit pro Auftrag verringert.

Außerdem sollten alte Dogmen bezüglich der Schnittstelle zum Kunden eventuell überprüft werden. Während man früher bewusst protektiv unterwegs war, um auf der Kundenseite eine Abhängigkeit aufzubauen, sollte diese Strategie in Zukunft überdacht werden. Eventuell muss nicht über jede technische Information schützend die Hand gehalten werden. Vielleicht findet man einen Split, dass einfachere Aufgaben durch die Kunden selbst übernommen werden können und Sie sich als Hersteller auf die komplexeren Themen fokussieren können. Das hat auch den Vorteil, dass Sie dann eventuell Ihr Know-how auch in einen besseren Preis und somit eine höhere Marge ummünzen können.

Auch Self-Service-Lösungen können Kunden dabei unterstützen, sich selbst zu helfen. Wenn Ihre Lösungen in diesem Bereich gut gemacht sind, können Sie sich übrigens auch hier den Zugriff darauf bezahlen lassen.

Letztendlich kann der Service vor der Veränderung am Arbeitsmarkt nicht verstecken. Unternehmen müssen begreifen, dass Ihnen für manches ambitionierte Wachstumsprojekt eventuell am Ende vor allem im Field Service das Personal fehlt. Natürlich gibt es immer auch Techniker, die für das Feld gemacht sind und denen Ihr Leben auf Achse sehr gut gefällt. Es werden aber zukünftig etwas weniger sein. Hier muss gegengesteuert werden, damit dieser Trend sich nicht zu sehr auf die Geschäftsentwicklung niederschlägt. Neueste Technik und eine intelligente Transformation des Service-Portfolios bieten hier Chancen.

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