Weltweit sicher unterwegs – was Service Manager auf Reisen beachten sollten
Viele Service Manager sind nicht nur innerhalb Europas, sondern auf der ganzen Welt unterwegs. Manche Länder sind vergleichsweise sicher, andere aufgrund von Kriminalität, miserabler Infrastruktur und ähnlichem sehr herausfordernd. Absolute Sicherheit gibt es nirgends, auch nicht in Deutschland.
Auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie und die derzeitige Konfrontation zwischen dem Westen und der Russischen Föderation machen das Reisen international nicht unbedingt angenehmer. Im letzteren Fall werden sich die Konsequenzen in ihrem gesamten Ausmaß wohl erst in der Zukunft gänzlich offenbaren. Gerade der Krieg in der Ukraine zeigt jedoch, wie schnell sich der Übergang von Normalität zu Krisensituation vollziehen kann. Bestmöglich vorbereitet zu sein, wird dann plötzlich sehr wichtig.
Um sich generell und ganz besonders als Reisender vor unliebsamen Situationen zu schützen, ist es essenziell, sowohl die eigene Beobachtungsgabe zu schärfen, als auch zu wissen, wie man brenzlige Situationen vermeidet bzw. aus ihnen herauskommt. Natürlich kommt es immer darauf an, in welchem Land und auch in welcher Region eines Landes man unterwegs ist. Bewegt man sich in der Hauptstadt oder eher im Hinterland, in ständiger Begleitung durch Mitarbeiter des Kunden oder alleine, in gepanzerten Fahrzeugen oder in normalen Autos bzw. mit Taxis oder streckenweise zu Fuß?
Die folgenden Hinweise sollen sensibilisieren, Augen öffnen und Hilfestellungen geben, um sicher zu reisen und wohlbehalten zurückzukommen. Sie helfen dabei, Risiken zu minimieren! Ein umfassendes Training im Bereich Mindset, Körperhaltung, Wahrnehmungsschulung, Verhalten bei Kidnapping und Terroranschlägen, das mithilfe von Übungen umgesetzt wird, kann dieser Text nicht ersetzen.
Vor der Reise
Aufmerksamkeit schulen
Gute Reisevorbereitung ist wichtig und fängt ganz einfach an: mit Aufmerksamkeit. Aufmerksam sein und entspannt beobachten, was im eigenen Umfeld vor sich geht, lässt sich jederzeit und an jedem Ort üben. Für die Sensibilisierung ist der Cooper Color Code ein gutes Werkzeug. Dessen erste Regel lautet, niemals unbewusst und mental unvorbereitet unterwegs sein. Waches Verhalten verhindert oft schon Übergriffe. Denn Täter wollen ihr Opfer überraschen, egal ob es um Taschendiebstahl oder Kidnapping geht. Wer aufmerksam ist, lässt sich schwer überraschen.
Auswärtiges Amt
Ein Blick auf die Reisehinweise des Auswärtigen Amtes zum angepeilten Land muss vor Reiseantritt selbstverständlich sein. Zu unterscheiden sind die Sicherheitshinweise von den Reisewarnungen bzw. Teilreisewarnungen. Warnungen bedeuten Gefahr für Leib und Leben, weshalb keine Firma die Mitarbeiter zwingen kann, in diese Regionen zu reisen. Nach diesen ersten Informationen ist der nächste Schritt, sich unter Angabe der Reisedauer in die ELEFAND-Liste des Auswärtigen Amtes einzutragen. Sollte es zu einem Vorfall kommen, z. B. zu politischen Unruhen oder zu einer Naturkatastrophe, wird man per Email sofort benachrichtigt und mit Informationen zur eigenen Sicherheit und eventuell dem weiteren Vorgehen versorgt. Die „Sicher Reisen“-App des Auswärtigen Amts schickt übrigens aktuelle Informationen über die Situation vor Ort als Push-Mitteilungen aufs Handy.
Passkopien und Notfallzettel
Scans von Pass, Flugticket und eventuell weiteren wichtigen Unterlagen sollten auf dem PC zuhause und in der Firma gesichert sein. Kopien davon in Papierform schaden nicht, falls die Dokumente oder das Handy mit den elektronischen Daten gestohlen werden. Dadurch sind am Konsulat schnell neue Papiere ausgestellt. Generell bleibt es wichtig, bei jeder Reise einen Notfallzettel mit den wichtigsten Telefonnummern und Kontaktdaten dabei zu haben, der z. B. im Schuh versteckt werden kann. Der Einwand „die habe ich alle im Mobiltelefon“ zählt nicht. Im Fall eines Überfalls ist das als erstes weg.
Reiseapotheke
Viele Firmen stellen ihren Mitarbeitern Reiseapotheken zur Verfügung. Es ist ratsam die Beipackzettel vor der Reise zu lesen, denn im Notfall hat man oft weder Zeit noch Nerven dafür. Das kann leicht zu einer nicht ungefährlichen Überdosierung von Medikamenten führen. Die Medikamente müssen natürlich regelmäßig auf Haltbarkeit überprüft werden. In vielen Ländern sind Medikamente billiger als in Deutschland, allerdings ist der Markt in asiatischen und afrikanischen Ländern zunehmend von gefälschten Produkten durchsetzt, weshalb es meist besser ist, Medikamente von zuhause mitzunehmen.
Abholung klären
Je nach Reiseland ist es wichtig, vor Reiseantritt abzuklären, wer einem am Flughafen abholt. Am besten man lässt sich nicht nur den Namen geben, sondern auch ein Foto mailen. Leider gibt es Länder in denen sich an den Flughäfen zahlreiche Menschen mit kriminellen Energien einfinden, in der Hoffnung, aus einem unerfahrenen Neuankömmling Gewinn zu schlagen.
Reisen im Land
Transfer
Sollte für die Ankunft kein Transfer vereinbart worden sein, bitte Vorsicht bei Taxifahrern. Als Faustregel gilt, sich nie von einem Fahrer aussuchen zu lassen, sondern immer selber das Taxi zu wählen. Wer gezielt einen Europäer anspricht, denkt meist an erhöhtes Beförderungsgeld oder Schlimmeres.
Hotels
Bei der Hotelwahl ist sowohl auf die Lage in einem sicheren Stadtteil zu achten, als auch in der Unterkunft auf die Zimmerlage bzw. das Stockwerk. Erdgeschoss ist laut. Zu weit oben ist auch nicht gut, falls man bei einem Überfall oder im Brandfall entkommen muss. Feuerleitern reichen gewöhnlich nur bis zum dritten Stock. Nützlich ist es, nach dem Einchecken den nächstgelegenen Notausgang ausfindig zu machen, um bei Feuer oder Überfall zu wissen, wie man am schnellsten aus dem Haus herauskommt. Sollte es nummerierte Schlüssel geben, so legt man die bestenfalls nicht mit der Nummer nach oben auf den Frühstückstisch nach dem Motto „Zimmer 203 frühstückt, Bude frei für Diebstahl“. Keine Wertsachen offen im Zimmer liegen zu lassen, sollte selbstverständlich sein, um niemanden vom Personal in Versuchung zu führen.
Unterwegs
Auf Streifzügen zu Fuß, dem Besuch von Märkten, Restaurants und Bars sollte kein Reichtum zur Schau gestellt werden. Die teure Uhr, teure Tasche und teure Schuhe bleiben am besten im Hotel oder überhaupt daheim. Das Handy bitte nicht locker in die Hosentasche stecken, sondern verdeckt tragen. Nützlich ist es, wenn man sich länger an einem Ort aufhält, permanent die Komfortzone zu erweitern. Also das Hotel zu erkunden und die Umgebung, indem man immer wieder neue Wege zur Rezeption oder im Viertel ausprobiert, um die Ortskenntnis über Alternativrouten auszubauen.
Low Profile
Um nicht sofort als Fremder aufzufallen, ist es gut, soweit möglich, sich dem Aussehen der lokalen Bevölkerung in Bezug auf Kleidungsstil, Gang, Bewegung usw. anzupassen. Durch dieses so genannten low profile zieht man weniger Aufmerksamkeit auf sich und hat eine gute Chance, durch das Raster von Kriminellen zu fallen, weil sie einen nicht als Fremden registrieren. Jede kriminelle Tat besteht aus mehreren Schritten, und der erste ist, sich das Opfer auszusuchen. Logischerweise wählt ein Täter die Person aus, bei der ihm die Durchführung seines Planes am leichtesten erscheint.
Bars und Kneipen
Die meisten unschönen Vorfälle passieren im Kneipenmilieu, z. B. in Mexiko. Also am besten mit lokalen Kollegen oder Kunden unterwegs sein, nüchtern bleiben oder beides. Vorsicht ist bei neuen männlichen und weiblichen Bekanntschaften in Bars geboten. Oft genug endet der Abend durch so genanntes Express-Kidnapping an einem Bankomaten.
Nach der Reise
Sollten nach der Reise Krankheitssymptome wie Fieber auftauchen, ist es wichtig, dem Arzt oder der Ärztin zu sagen, dass man im Ausland war. Hinter einer grippeähnlichen Fieberattacke kann neben vielem anderen auch Malaria stecken.
Interkulturelles Wissen trägt zur Sicherheit bei
Je nachdem, mit wem man in einem Land zusammentrifft, ob man mit dem in den USA promovierten Chef spricht oder mit Personen, die noch nie außerhalb ihrer Heimatregion waren, ist interkulturelles Wissen wertvoll. Es hilft, das Verhalten und die Reaktionen von Menschen einzuschätzen. Nimmt ein Deutscher es z. B. als bedrohlich war, wenn ihm ein Unbekannter zu nahe rückt, kann diese körperliche Nähe dem im besuchten Land kulturell üblichen Abstand bzw. Nicht-Abstand entsprechen. Auch die eigene Bekleidung ist wichtig, um nicht ungewollt zu provozieren, wirken doch in vielen mehrheitlich islamischen Ländern kurze Hosen an Männern und Frauen wie Unterwäsche.
Gerade in Krisenländern und in Krisensituationen hat interkulturelle Kompetenz schon so manchem das Leben gerettet. Nicht nur weil diese Personen einschätzen konnten, wann es gefährlich wurde. Sondern in vielen Fällen, weil sie es geschafft hatten, eine gute Beziehung zu lokalen Mitarbeitern aufzubauen und deshalb rechtzeitig vor einem drohenden Überfall gewarnt wurden oder andere hilfreiche Tipps erhalten haben.
Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Geschäftsreisende
Vermehrte Armut
Durch die Corona-Pandemie sind in vielen Ländern, die reisetechnisch schon vorher nicht ganz einfach waren, wie z. B. Nigeria, Südafrika oder manche südamerikanische Region, Millionen von Menschen zusätzlich in die absolute Armut gerutscht. Das bedeutet, sie haben weniger als 1,90 USD täglich zur Verfügung. Jobs oder informelle Verdienstmöglichkeiten sind verloren, weshalb viele gezwungen sind, auf neue Art an Geld zu kommen, um sich und die (Groß-)Familie zu ernähren. Gibt es keine Arbeitsplätze, erscheint manch einem Kriminalität, wie Diebstahl und Raubüberfall, der letzte Ausweg.
Tourismus-Einbruch
Dazu kommt, dass weltweit der Tourismus eingebrochen ist. Das betrifft alle Arten von Unterkünften, Restaurants, Kneipen und Transportdienstleistern. Mehr Menschen als bisher konzentrieren sich also auf wesentlich weniger Reisende, sowohl um legal an ihnen zu verdienen als auch illegal. Braucht man eine angebotene Ware nicht, ist es wichtig, sie freundlich, aber bestimmt und mit der richtigen Körpersprache abzulehnen. Wurde aber eine gewünschte Dienstleistung erbracht, ist es für viele Menschen in asiatischen oder afrikanischen Ländern wichtiger denn je, angemessenes Trinkgeld zu erhalten. Betonung auf angemessen! Wer allzu sehr mit Geld um sich wirft, riskiert die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und Begehrlichkeiten zu wecken.
Reisen ja oder nein
Die Zustimmung eines Mitarbeiters zu Reisen in Gebiete mit hoher Inzidenz entbindet den Arbeitgeber nicht von seinen Fürsorgepflichten. Er hat dafür zu sorgen, dass die Beschäftigten vor Ort bestmöglich geschützt sind. Statt auf eine allgemeine Zusicherung zu vertrauen, dass alles für die Sicherheit getan werde, ist konkret nachzuhaken: Gilt der Versicherungsschutz auch für einen Aufenthalt in einem Risikogebiet? Wie sieht es mit den Quarantänebestimmungen am Ziel und nach der Heimreise aus? Welche Corona-Sicherheitsmaßnahmen bietet die Airline, wie sieht es im Hotel damit aus? Unterkünfte mit mehr Sternen und Komfort sind meist besser aufgestellt bei Themen wie Reinigung, Desinfektion und Abstand im Frühstücksraum oder im Fahrstuhl. Wie wird die medizinische Versorgung gewährleistet? Und kann für Fahrten durchs Land anstelle ständig wechselnder Taxis ein eigener Fahrer zur Verfügung gestellt werden? Ausreichend Masken und Desinfektionsmittel für zwischendurch gehören ins Gepäck, da man nicht weiß, ob und in welcher Qualität sie am Zielort zu bekommen sind.
Die genannten Punkte bieten einen kurzen Einblick, was in fremden und eventuell gefährlichen Ländern auf Reisen zu beachten ist. Auch das Thema Verhalten bei Entführungen und Terroranschlägen ist in vielen Weltregionen etwas, womit man sich auseinandersetzen muss. Darauf soll hier allerdings nicht eingegangen werden, da eine verkürzte Darstellung die Bedeutung der beiden Vorgänge nicht trifft und ausschließlich Angst erzeugt. Platz für diese Themen ist im geschützten Rahmen von Präsenz- und Online-Veranstaltungen zur Reisesicherheit. International tätige Service-Organisationen können und sollten das Problem der Reisesicherheit in allen seinen Facetten nicht vernachlässigen. Verhaltenshinweise dazu finden sich auch im Buch der Autorin.