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Der Einsatz von Machine Learning im Bereich Predictive Maintenance

Beitragsbild Machine Learning in Predictive Maintenance

Machine Learning wird langfristig herkömmliche, manuelle Verfahren des Predictive Maintenance ersetzen. KI kann selbstständig Muster in den Maschinendaten erkennen, um Störungen und deren Ursachen noch besser vorherzusagen. Das birgt auch Gefahren für Maschinenbauer.

Die Entwicklungen im Bereich künstliche Intelligenz schreiten erstaunlich schnell voran. Diese beeindruckenden IT-Innovationen revolutionieren auch den Kundendienst. Bei Predictive Maintenance werden sich KI-gestützte Verfahren in nicht allzu ferner Zukunft durchsetzen. Doch das ist wahrscheinlich noch nicht mal das Ende dieser Entwicklung: Der Trend geht letztendlich in Richtung Smart Predictive Maintenance!

Eine Maschine lernt die relevanten Merkmale eines Objektes anhand von Beispieldaten

Maschinelles Lernen ist ein Teilbereich der Künstlichen Intelligenz. In herkömmlichen Computerprogrammen wird der Lösungsweg eines Problems explizit vom Fachmann vorprogrammiert.

Machine Learning ist hingegen ein Verfahren, bei dem ein Rechner aus vorliegenden Beispieldaten eigenständig sinnvolle Modelle errechnet, um Problemstellungen automatisiert zu lösen. Dabei lernen Algorithmen in den bisher eingespielten Daten, Zusammenhänge zu erkennen und diese selbstständig auf neu eingespielte Datensätze anzuwenden.

Die Funktionsweise von Machine Learning kann man sich zum Beispiel so vorstellen: Ein Computer soll lernen, defekte Bauteile zu erkennen. Dazu zeigt man ihm tausende Fotografien von entweder defekten oder funktionierenden Bauteilen. Man gibt dem Computer zu jeder Fotografie die Information mit, ob es sich um ein fehlerhaftes oder intaktes Bauteil handelt. Der Computer findet dann anhand der Bilddaten selbstständig heraus, was die wesentlichen Merkmale eines Abbildes defekter Teile sind und wird auf diese Weise immer besser darin, solche zu erkennen.

Die Umsetzung von Machine Learning bei Predictive Maintenance-Lösungen

Zur Anwendung im Bereich Predictive Maintenance muss der Computer zunächst erkennen lernen, wann die Anlage eine Störung aufweist. Zunächst liefern Sie ihm also alle Daten, die Sie von der Anlage erheben können. Gleich wie im Falle der Bauteilerkennung, benötigt der Computer die Information, ob eine Störung vorliegt.

Daraufhin kann die KI untersuchen, welche Muster sich in dem Datensatz direkt vor unterschiedlichen Störungen ergeben. Dadurch gelingt es, Ausfälle immer präziser und detailgetreuer vorauszusagen bzw. durch rechtzeitiges Eingreifen zu verhindern.

Machine Learning vs. Standardverfahren

Herkömmliche Predictive Maintenance-Lösungen setzen auf statistische Verfahren, die von einem Serviceexperten definiert wurden. Hier werden von Menschen zunächst Annahmen über Korrelationen verschiedener Maschinendaten vorab getroffen. Diese werden formalisiert in mathematischen Gleichungen und als Beziehung zwischen zwei oder mehr Variablen beschrieben.

Dabei überlegt sich ein Serviceexperte, welche Datenlage an der Maschine auf eine mögliche Störung in der Zukunft hindeutet. Diese Aufgabe erfordert einiges an Fachwissen, kann aber auch mithilfe von Verfahren des Machine Learnings automatisiert bewältigt werden.

Im Artikel zur Umsetzung von Predictive Maintenance wird genau beschrieben, wie Sie es in nur 8 Wochen zu einem ersten Pilotprojekt schaffen können, das nach herkömmlichen Verfahren operiert.

Vorteile von Machine Learning für Predictive Maintenance

Bei der Implementierung von Predictive Maintenance-Lösungen ist die Entwicklung des Data Analizers der zeitintensivste Teil. Wenn Sie sich dabei allein auf die Erfahrung Ihrer Servicemitarbeiter verlassen wollen, müssen Sie sich anfangs meist auf wenige Use-Cases beschränken. Ihre Experten müssen sich dabei jede Datenkonstellation selbst ausdenken, die auf zukünftige Ausfälle hindeuten könnte. Das ist natürlich sehr aufwendig.

Der Algorithmus macht das langfristig schneller und besser. Er erkennt außerdem Risikofaktoren für Ausfälle, auf die Ihr Team niemals gekommen wäre. Auf der anderen Seite ist die Implementierung von künstlich intelligenten Systemen natürlich zunächst zeitspieliger und kostenintensiv.

Warum wird Machine Learning noch nicht flächendeckend angewendet?

Bei der Umsetzung von Machine Learning zur Verbesserung prädiktiver Wartungsstrategien bedarf es zunächst sehr hoher Anfangsinvestitionen. Profit kann hingegen nur langfristig eingefahren werden. Neuartige Formen von Service Agreements werden notwendig, um solche Innovationen zu monetarisieren.

Hierfür fehlt vielen Unternehmen noch die Fantasie, da sie den Service noch nicht als eigenständiges Unternehmensfeld begreifen und Geschäftsmodellinnovationen in diesem Bereich oft ihren Horizont übersteigen. Aufgrund des direkten Einflusses auf den Cashflow investieren Maschinenbauer dann lieber in die Verbesserung ihrer Primärprodukte als in Service-relevante IT.

„Die Hardware-Fokussierung der meisten Maschinen- und Anlagenbauer stellt einen weiteren Hemmschuh für die Entwicklung solcher Innovationen dar. Ich treffe oft auf absolute Vollprofis im Entwickeln von ausgeklügelten Maschinenkonzepten, die allerdings die Erstellung einer Steuerungssoftware bereits für den Olymp in Sachen IT-Entwicklung halten. Das finde ich sehr schade, weil hier einiges an Potenzial verschwendet wird. Gerade aus der übergeordneten Analyse von Betriebsdaten lassen sich neue, innovative Geschäftsmodelle entwickeln, die wirklichen Mehrwert für die Kunden bieten. Ob die langwierige Entwicklung einer um 3% effizienter arbeitenden Maschine das in Zukunft noch schafft, ist aus meiner Sicht fraglich.“ – Dr. Simon Tonat

Künstliche Intelligenz könnte für OEMs zum Problem werden

Die Vorteile von künstlicher Intelligenz gegenüber den üblichen Methoden von Predictive Maintenance sind eindeutig. Die derzeitigen Verfahren werden in Zukunft wohl größtenteils abgelöst werden. Bis dahin ist es zwar noch ein langer Weg, allerdings zeichnen sich für den deutschen Maschinenbau bereits Gefahren am Horizont ab.

Denn für die Entwicklung von Machine Learning-unterstützten Predictive Maintenance-Lösungen bedarf es keines bzw. weitaus weniger spezifischem Anlagenwissens mehr. Schließlich ergründet die KI das Problem einer Maschine durch Algorithmen, ohne dass ein Instandhaltungsexperte vonnöten wäre. Das bietet IT-Unternehmen die Möglichkeit, in den Markt einzusteigen.

Diese Entwicklung ist auch in unserem Beitrag zur Zukunft des Servicegeschäftes ausführlich beschrieben. Dort erfahren Sie, wie sich das After-Sales-Geschäft verändern wird.

Der Weg in Richtung Smart Predictive Maintenance?

Die Digitalisierung bietet jedoch noch viel tiefgreifendere Möglichkeiten als einfach nur einzelne Anlagen mit künstlich intelligenten Systemen zu überwachen. In Industrie 4.0-Szenarien wird es möglich sein, ein ganzes Netzwerk und letztendlich die gesamte Produktion eines Unternehmens prädiktiv zu warten. So kann maschinelles Lernen auch in der Gesamtheit der Produktionsabläufe Fehlermuster aus den Daten unterschiedlicher Anlagen herauslesen.

Solche smarten Predictive Maintenance-Systeme können dann zusätzlich darauf trainiert werden, selbständig Probleme zu lösen. Beispielsweise wenn das System Wartungsaufträge auslöst, ein Ticket im System einplant und einen freien Techniker der Aufgabe zuweist, ohne dass ein Mensch dazu auffordert. Zusätzlich wäre es einem intelligenten System möglich, das Ersatzteillager zu prüfen und eventuell benötigte Teile selbstständig zu bestellen.  

Service wird sich verändern!

Selbstverständlich ist man häufig von diesen rasanten Entwicklungen überfordert und kann nicht auf jeden Zug sofort aufspringen. Dennoch sollte man sich der Bedeutung von KI für die Entwicklung im Servicegeschäft bewusst sein.

Ein bisschen Faszination für die Möglichkeiten, die sich durch solche Innovationen ergeben, ist neben allen Zweifeln und Bedenken durchaus angebracht. Auch wenn es zurzeit noch etwas im Bereich Science-Fiction liegt: Das Servicegeschäft wird durch Maschinelles Lernen und KI verändert werden, nicht nur im Bereich Predictive Maintenance.

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